Resilienz und Körperwahrnehmung

Wenn wir an der Auflösung von Trauma arbeiten, haben wir zugleich die Möglichkeit, unsere Fähigkeit zur Resilienz zu stärken. Sie ermöglicht uns, schwierige Situationen und Probleme bewältigen zu können, ohne im Nachhinein eine Belastung oder Einschränkung zu erleben.

Wir können uns trotz großer Herausforderungen im Leben positiv weiterentwickeln. Dabei schließt sich die Erfahrung von Trauma und die Entwicklung von Resilienz nicht aus. Aus Perspektive des Somatic Experiencing® kann Resilienz auch durch eine gelungene Traumaarbeit wiederhergestellt und gefördert werden. Dies erleben wir dann auch in alltäglichen Situationen, die erfordern, dass wir uns mit ganzer Kraft einsetzen und unsere Bewältigungsmöglichkeiten erweitern.

Als Säugling und Kleinkind sind wir aufgrund unserer physiologischen Entwicklung nur eingeschränkt in der Lage, eigene Reaktionen zu beeinflussen. Wir sind darauf angewiesen, dass nahe Bezugspersonen dies zunächst als Co-Regulation übernehmen, indem sie uns beruhigen, Empfindungen benennen und Intensität und Ausmaß steuern. Das geschieht über Körperkontakt, eingestimmte Berührung und zugewandte Gestik, die als sicher, haltgebend und verbindend erlebt wird. Über Co-Regulation erlernen wir mit der Zeit, unsere Empfindungen und Gefühle selbst zu regulieren. Selbstregulation ist zugleich eine Grundlage für Resilienzfähigkeit.

Ein Teil dieses Prozesses ist auch die Entwicklung der interozeptiven Wahrnehmung. Sie ermöglicht uns, den inneren Zustand unseres Körpers zu registrieren, um Erlebnisse einschätzen und bewerten zu können. Wir nehmen körperliche Prozesse und Empfindungen wahr und werden uns ihrer bewusst. Auf diese Weise entwickeln wir eine eigene somatische Sprache. Sie vermittelt uns Informationen darüber, wie wir uns in Bezug auf unsere innere und äußere Umgebung fühlen und darauf reagieren. Die körpertherapeutische Arbeit unterstützt die Entwicklung unserer somatischen Sprache. Es entsteht ein eigenes Körpervokabular, das mit der Zeit vertrauter und verständlicher wird.

Unsere Bezugspersonen helfen uns auch dabei, gemeinsame Erlebnisse zu registrieren und ihnen einen Sinn zu vermitteln. Dadurch lernen wir z.B. zu unterscheiden, ob ein Erlebnis Sicherheit vermittelt oder potentiell gefährlich ist und wie wir angemessen darauf reagieren können. Sollte diese wichtige Erfahrung nicht möglich sein, kann es sein, dass wir keine ausreichende interozeptive Wahrnehmung entwickeln konnten. Selbst positive oder neutrale Vorgänge deuten wir dann als beängstigend oder bedrohlich. Wir wissen nicht, auf welche Weise wir einen Zugang zum inneren Empfinden von Sicherheit finden und woran wir erkennen können, dass wir uns gerade in einer sicheren Situation befinden.  Interozeption ist ein weiterer wesentlicher Aspekt in der Entwicklung von Resilienz.

In der Traumaarbeit ist es möglich, Selbstregulation und Resilienz zu fördern und zu unterstützen. Wenn die Fähigkeit zur Regulation gestärkt wird und die Genesung vom Trauma voranschreitet, kann unsere Hoffnung und Zuversicht auf eine bessere Zukunft zurückkehren. Wir entwickeln ein stärkeres Selbstvertrauen und lernen, uns als einen Menschen wahrzunehmen, der schwierige Lebenserfahrungen überwunden hat und letztlich gestärkt daraus hervorgeht. Es fällt uns leichter, der Welt wieder neugierig, offen und mit Humor zu begegnen. Wenn wir über mehr Resilienz verfügen, können wir zugleich auch den Schutz vor künftigen Traumatisierungen verstärken.